Weihnachtsgrüße

Ich sende allen meinen Leser*innen nah und fern, im Osten wie im Westen, im Süden wie im Norden, in Europa oder auf anderen Kontinenten, sei es dort Winter oder Sommer, ob ihr das Weihnachtsfest feiert mit Familie oder ohne oder ob ihr dieses Fest gar nicht feiert, einen herzlichen Gruß und die besten Wünsche für einen guten Start in das neue Jahr. Möge es euch vor allem mit Gesundheit und Licht und Leichtigkeit und vielen weiteren erfüllten Bedürfnissen beschenken.

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Weihnachten

„Ich feiere bei meiner Tochter am Bodensee.“ – „Meine Kinder kommen an Weihnachten zu uns.“ – „Ich feiere mit meiner Enkelin zusammen.“ – „Ich bin am 24. bei einer Tochter.“ – „Die Großfamilie mit Enkeln und den Großeltern kommt wie jedes Jahr zusammen.“ Alle erzählen begeistert, wie sie die Feiertage verbringen. Und wer denkt an die, die niemanden haben? Die, die keine Familie und keine Kinder haben? Die, die in kein soziales Geflecht gehören und nirgendwo dazu gehören? Die, die an diesen Festtagen völlig alleine sind und die vielleicht mitten unter uns sind.

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Etwas falsch gemacht?

Die Schulleiterin hatte mir die Aufgabe übertragen, mich um die Feststellungsprüfungen zu kümmern. Das ist eine Möglichkeit, mit der Schüler*innen, die erst zur 7. Klasse nach Deutschland gekommen sind, eine Prüfung in ihrer Muttersprache abzulegen, als Ersatz für die erste Fremdsprache in der Schule. In meiner vorherigen Schule hatte ich nichts damit zu tun. Jetzt musste ich mich ganz neu in das Thema einarbeiten. Die Stellvertretende Schulleiterin, die das bisher gemacht hatte, war bereit, mir dabei zu helfen. Wir vereinbarten einen Termin und setzten uns zusammen an den PC in ihrem Büro. Wir füllten das Online-Formular für die Anmeldung aus. Die 2. Stellvertretende Schulleiterin, die auch in dem Büro arbeitete, kam herein und meinte zu mir: Sie solle mir von der Schulleiterin ausrichten, diese sei „total angefasst“. Sie hätte diese Aufgabe mir übertragen. Ich hätte mich alleine um die Feststellungsprüfungen zu kümmern. Ich sah sie verwundert an. Die Aufgabe würde doch erledigt werden, warum nur regte die Schulleiterin sich so auf? Wir fuhren mit den Eingaben fort. Auf dem Weg zum Auto bemerkte ich eine große Unruhe in mir und den Gedanken: ‚Ich habe etwas falsch gemacht.‘ Etwas in mir geriet ins Wanken. Ich wurde unsicher und bekam Angst. Ich versuchte mich zu beruhigen: ‚Es kann dir nichts passieren. Sie kann dich nicht kündigen, sie kann dir gerade mal ihr Missfallen ausdrücken.‘ So ging es hin und her … Angst, mich beruhigen, Angst, mich beruhigen. Besonders am nächsten Tag in der Schule wappnete ich mich für ein unerfreuliches Gespräch mit der Schulleiterin und überlegte mir verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. ‚Angst, mich beruhigen‘ ging weiter. Am zweiten Tag tauchte in mir eine Erinnerung auf. Als Kind gab es ein Ereignis, bei dem ich beschuldigt wurde, etwas verursacht zu haben, mit dem ich aber überhaupt nichts zu tun hatte. Ich war fassungslos, warum beschuldigte man mich? Es war doch offensichtlich, dass ich nicht schuld daran war. Die Beschimpfungen kamen für mich aus heiterem Himmel, völlig unvorbereitet. Es wurde später nie wieder darüber gesprochen und es wurde auch nie aufgeklärt. Nun fühlte mich wieder zu Unrecht beschuldigt. Ich war froh, den Zusammenhang herstellen zu können zwischen dem Ereignis als Kind und meiner heutigen Angst, etwas falsch zu machen, ohne zu wissen, was genau.

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Nicht mitschwimmen

Ich singe in einem kleinen Kirchenchor, nur mit Frauen. Im Laufe der Zeit kriege ich mit, dass es Spannungen gibt zwischen den Frauen im Pfarrgemeinderat und dem Priester der Gemeinde. Immer wieder schimpfen einige Frauen über ihn: Er würde überhaupt nicht sehen, was sie leisteten. Immer habe er etwas zu meckern. Nie wäre er zufrieden, nie reiche es aus, was sie machten. Ich selbst habe mit dem Priester nichts zu tun und erlebe ihn nur in der Messe, in der wir singen. Bei den Proben kriege ich dann wieder mit, was er gesagt oder getan hat, was die Frauen unmöglich finden. Wie leicht wäre es, in die allgemeine Ablehnung mit einzustimmen und mich auch negativ über ihn zu äußern. Und ich stoppe mich: Ich habe bisher noch keinen persönlichen Kontakt zu ihm gehabt und daher keine negative Erfahrung mit ihm gemacht. Also habe ich keinen Grund, mich negativ über ihn zu äußern. Und das tue ich dann auch nicht.

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Wintertag mit Katze

Es regnet und es ist den ganzen Tag nicht richtig hell geworden. Meine Katze hat sich morgens nach ihrem Frühstück zu mir auf die Bettdecke gekuschelt und dort den halben Tag verschlafen. Mittags schaut sie bei mir in der Küche vorbei und guckt, ob ich ihren Fressnapf wieder aufgefüllt habe. Dann springt sie auf die Fensterbank im Wohnzimmer und beobachtet, was draußen so passiert. Irgendwann signalisiert sie mir mit einem Miauen, dass sie raus will. Ich öffne ihr das Fenster. Sie tritt auf den Fenstersims hinaus. Als sie merkt, dass es regnet, kommt sie wieder rein. Den Rest des Tages will sie nicht noch einmal raus. Als ich abends ins Bett gehe, legt sie sich rechts neben mich, wie immer, so dass ich sie mit der rechten Hand streicheln kann.

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Frau Professor

Ich gebe in der Hochschule für Musik ein Seminar. Neun Angestellte und Student*innen sind angemeldet. Ich richte mich ein, lege alles bereit, was ich brauchen werde. Die ersten trudeln ein. Eine Frau kommt auf mich zu und spricht mich an: Sie sei nicht angemeldet, ob sie an dem Workshop noch teilnehmen könne. Ja, sage ich, gerne. Zu Anfang frage ich, ob es für alle in Ordnung sei, wenn wir uns während des Seminars duzen. Alle sind einverstanden. Ich reiche Kreppband herum und alle schreiben ihren Vornamen darauf und kleben ihn sichtbar auf Pullover oder Jacke. Ivanka heißt die Frau, die mich gefragt hatte, ob sie noch teilnehmen dürfe. Ich beginne damit, einen Überblick über das Seminar zu geben und die Teilnehmer*innen eine erste Übung machen zu lassen. Alle sind interessiert dabei. Bei der Auswertung der Übungen diskutiert die Gruppe miteinander und ein Teilnehmer spricht seine Nachbarin Ivanka mit ‚Frau Professor‘ an. Ich stutze. Bis dahin waren sie alle Frauen oder Männer mit einem Vornamen. Ich weiß nichts aus ihrem Leben oder von ihren Tätigkeiten oder ihrer Stellung an der Hochschule. Zu hören, dass da eine Professorin sitzt, verändert meinen Blick auf diese Person. Ich schaue plötzlich zu ihr auf und ich kann den Gedanken in mir beobachten: ‚So ein Titel wird nicht verschenkt. Er erfordert eine erhebliche akademische Leistung!‘ Plötzlich fühle ich mich ganz klein, habe ich doch gerade mal ein Diplom. Ich selbst bin über diese Gedankengänge überrascht, das hätte ich so nicht erwartet … Innerhalb weniger Sekunden habe ich mich wieder sortiert. Ich bin hier, um Ivanka und der ganzen Gruppe etwas über Gewaltfreie Kommunikation zu erzählen! Das ist jetzt und hier meine Aufgabe. Die innere Ruhe kehrt zurück und ich fahre mit meinem Seminar fort.

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Hast du Freunde

Wir sitzen zu dritt bei Kaffee und Kuchen. Die achtzigjährige Ella, Jenny und ich. Ella erzählt, dass das Thema Tod sie gerade sehr beschäftigt. So viele Menschen habe sie schon verabschieden müssen und gerade letzte Woche noch ihren Schwager. Sie erzählt weiter, wie es war, ihren Mann an den Krebs zu verlieren und dass sie alles aufgeschrieben habe. Ich höre zu und Ella erzählt weiter. Es habe ihr durch diese so schwere Zeit geholfen, immer wieder alles aufzuschreiben. „Hattest du keine Freunde?“, springt Jenny mitten in Ellas Erzählung. Ella taucht aus ihrer Erinnerung auf. „Doch, doch, aber die, die das nicht erlebt haben, können das nicht verstehen“, sagt sie. „Und ich wollte sie nicht mit dem schweren Thema belasten. Das ging ja über Monate. Wer will schon von so schweren Themen hören?“ Das verstehe ich. Ich frage mich, ob es vielleicht auch für Jenny zu viel war.

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Die Brille

Beim Lesen merke ich, dass meine Brille sehr schmutzig ist. Ich muss sie unbedingt putzen, denke ich und vergesse es wieder. Auf dem Weg zur Schule, im Auto, fällt es mir wieder auf … Warum säuberst du sie nicht gleich morgens am Waschbecken, werfe ich mir vor. Und dann ist es wiederum vergessen. Am nächsten Tag passiert das gleiche. Im Auto frage ich mich schließlich: Warum kannst du dir nicht merken, die Brille morgens zu putzen? Das Zähneputzen vergisst du doch auch nicht. Am dritten Tag denke ich tatsächlich daran, die Brille am Morgen abzuspülen und mit Seife zu säubern. ‚Endlich‘, denke ich. Und dann, Tage später, fällt sie mir wieder auf. Meine schmutzige Brille. ‚Warum kannst du das denn nicht zu einer Routine machen?‘ Und wieder ärgere ich mich über mich selbst.

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Nach Hause kommen

Ich betrete meine Wohnung nach 14 Tagen Abwesenheit. Fremde und Vertrautheit gleichzeitig empfangen mich. Hier bin ich also zu Hause. Ich schaue mir alles mit einem frischen, neuen Blick an und erlebe die Gefühle, die in mir wachgerufen werden. Ein Staunen, ein Anerkennen: Ah, das ist also mein Zuhause! Ich weiß, wo sich alles befindet und doch sind mir manche Handgriffe nicht mehr so vertraut. Wie genau habe ich nochmal den Kaffee gemacht?
Ohne meine Katze ist die Wohnung befremdlich leer. Ich bin von der langen Zugfahrt müde und gleichzeitig aufgekratzt. Ich packe den Rucksack aus, räume alles an seinen Platz. Und fühle mich immer noch voller Energie. Was könnte ich jetzt tun? Ich koche eine Suppe aus einem Kürbis, der verarbeitet werden muss. Das Essen in Kroatien war lecker, gleichzeitig freue ich mich wieder auf mir vertraute Geschmäcker. Als ich im Bett liege, spüre ich, wie mein ganzer Körper vibriert … von der Anstrengung? Von der Umstellung? Am nächsten Tag hole ich meine Katze aus dem Katzenhotel ab. Auch sie schaut sich zuerst etwas verwundert um. Dann geht sie ihrer gewohnten Wege. Langsam finde auch ich in mein gewohntes Leben zurück. Und spüre, wie sich auch die Enge wieder um mich legt.

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Zug fahren

16 Stunden war ich unterwegs von Zagreb nach Saarbrücken, in drei verschiedenen Zügen. Von Zagreb nach Villach, von Villach nach Salzburg und schließlich von Salzburg nach Saarbrücken. Von Zagreb bis Villach waren Mitfahrende dabei, die in Zagreb eingestiegen waren, hauptsächlich Urlauber. In Ljubljana stieg eine Gruppe ein, die dort an einem Kongress teilgenommen hatte. An vielen Bahnhöfen änderte sich die Zusammensetzung der Menschen im Abteil. Jemand stieg aus und andere stiegen ein. Anfangs plauderten die Mitreisendem noch. Je länger die Fahrt jedoch dauerte, desto mehr stellten sich Müdigkeit und Schweigen ein. Sobald es dunkel wurde, gab es draußen nichts mehr zu sehen. Irgendwann wurde auch jede Art von Beschäftigung langweilig: lesen, Musik hören, Podcasts folgen, Videos oder Filme anschauen. Ab München stiegen Geschäftsleute ein, die sich in ihr Handy oder Notebook vertieften. 16 Stunden teilte ich den Raum mit unterschiedlichen Menschen und deren Energie, ohne eine Möglichkeit des Rückzugs zu haben. Ich habe vielleicht keinen großen C0²-Abdruck mit dieser Reise hinterlassen, aber ich kam angestrengt, müde und ausgelaugt zu Hause an.

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